Wirtschaftliches Eigentum an GmbH-Anteilen bei Put-Optionen

Jakob Eisenreich • 10. Juni 2025

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat die Position von Gesellschaftern mit Put-Optionen bezüglich ihrer Geschäftsanteile durch sein Urteil gestärkt und zu einem weiteren Fall des wirtschaftlichen Eigentums entschieden.


Übergang des wirtschaftlichen Eigentums von Kapitalgesellschaftsanteilen


Der Übergang des Eigentums bei der Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen ist ein zentrales Thema im Steuerrecht, da er maßgeblich beeinflusst, wann steuerliche Veräußerungsgewinne oder -verluste entstehen oder ab welchem Zeitpunkt daraus Einkünfte zuzurechnen sind. Bei der Gestaltung von Share-Deals ist es daher von zentraler Bedeutung, den Zeitpunkt für den Eigentumsübergang möglichst steueroptimal für alle beteiligten Parteien zu wählen. Ausschlaggebend hierfür ist oftmals nicht der tatsächliche Übergang des zivilrechtlichen Eigentums an den Gesellschaftsanteilen als Rechtsakt (z.B. mit Eintragung im Handels- oder Gesellschafterregister), sondern der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums.


Eine hohe Relevanz haben diese Grundsätze regelmäßig bei einseitigen Put- oder Call-Optionen in Bezug auf Gesellschaftsanteile. Insbesondere bei wechselseitigen Put- und Call-Optionen mit Rechten zugunsten aller Vertragsparteien verschärft sich die Frage nach dem wirtschaftlichen Eigentum der betreffenden Gesellschaftsanteile.



Wirtschaftliches vs. zivilrechtliches Eigentum


Das rechtliche Eigentum an einem Wirtschaftsgut liegt regelmäßig bei demjenigen, dem es aus zivilrechtlichen Gesichtspunkten zuzuordnen ist. Das wirtschaftliche Eigentum existiert für diejenigen Sachverhalte im Steuerrecht , in denen „ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO). Der regulative Ursprung dieser Thematik liegt im sog. Leasing-Urteil des Bundesfinanzhofes (vgl. BFH, Urt. v. 10.07.1980 – IV R 144/66), da insbesondere bei Leasing-Verträgen das wirtschaftliche Eigentum fraglich erscheint, wenn die Leasingzeiträume annähernd den wirtschaftlichen Nutzungsdauern entsprechen.


Ausschlaggebend für das Vorliegen von wirtschaftlichem Eigentum sind vor allem folgende Kriterien:

  • Tatsächliche Herrschaft: Bei dinglichen Gegenständen ist dies der Besitz, also ein tatsächliches Verhältnis. Für unkörperliche Wirtschaftsgüter ist dieses Merkmal allerdings ohne Bedeutung.
  • Ausschluss des Berechtigten: Der zivilrechtliche Eigentümer muss von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausgeschlossen sein, z.B. wenn er das Besitzrecht aufgibt.
  • Verfügungsmacht über wirtschaftliche Substanz: Dieses Merkmal wird bedingt durch das Tragen des wirtschaftlichen Risikos, also die Chancen an den Erträgen teilzuhaben, aber auch das Risiko von Verlusten innezuhaben.
  • Dauerhaftigkeit: Der Ausschluss des wirtschaftlichen Eigentümers muss sich auf die gesamte Nutzungsdauer des übergehenden Wirtschaftsguts erstrecken.


Insgesamt entscheidend sind natürlich immer die Umstände des Einzelfalls, sodass stets eine individuelle Gesamtbetrachtung geboten ist. Beim Erwerb von Kapitalgesellschaftsanteilen kommt es für das vorliegen von wirtschaftlichem Eigentum insbesondere darauf an, dass alle mit der Beteiligung verbunden wesentlichen Rechte (z.B. Gewinnbezugsrecht, Stimmrechtsausübung, letzteres ggf. auch nur im Innenverhältnis) ausgeübt werden können.


Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bei Put-Optionen


Eine Konstellation bezüglich des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums wurde kürzlich vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.2024 – 5 K 1293/22). Im Entscheidungsfall wurden Anteile an einer GbR in eine GmbH gegen Gewährung neuer Anteile an der GmbH (ergo im Zuge einer Kapitalerhöhung) eingebracht. In einem weiteren Notarvertrag am selben Tag wurde ein Vertrag über das Recht zur Veräußerung dieser erhaltenen Geschäftsanteile (sog. Put-Optionen) beschlossen. Dabei wurde für die neu ausgegebenen Geschäftsanteile ein fester Kaufpreis vereinbart. Ebenfalls wurde vereinbart, dass die Put-Option spätestens zum Ablauf des 68. Lebensjahres des Veräußerers ausgeübt werden müsse, sodass hierfür ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein Zeitraum von 17 Jahren verblieb.


Während der Laufzeit dieser Put-Option stand dem Verkäufer aber weiterhin das volle Gewinnbezugsrecht zu und er konnte sein Stimmrecht in Höhe seiner Beteiligungshöhe (24,5 %) uneingeschränkt ausüben. Das Finanzamt sah dennoch den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den Geschäftsanteilen bereits im Jahr der Einbringung der GbR-Anteile bzw. des Abschlusses der Put-Option und setzte dementsprechend einen Veräußerungsgewinn fest.


Das Finanzgericht sah hingegen in diesem Vorgang noch keinen Übergang des wirtschaftlichen Eigentums im Jahr des Vertragsabschlusses. Einerseits fehlte es gänzlich an dem Übergang der wesentlichen mit dem Anteil verbundenen Rechte (Stimmrechte etc.). Auch an dem Ausschluss des Berechtigten fehlte es nach Ansicht des Finanzgerichts, da keine rechtlich gesicherte Position gegenüber dem Veräußerer erworben worden sei, z.B. für den Fall eines Erbfalls oder der Insolvenz der put-verpflichteten Gesellschaft. Im Ergebnis war deshalb nach Ansicht der erstinstanzlichen Finanzrichter kein Veräußerungsgewinn im Zeitpunkt der Einbringung der GbR-Anteile in die GmbH anzusetzen. Hiergegen wurde von der Finanzverwaltung allerdings Revision beim Bundesfinanzhof (vgl. BFH Rev. anh., Az. X R 1/25) eingelegt.


Fazit


Das Finanzgericht hat die in § 39 Abs. 2 Nr. 1 S.1 AO normierten Tatbestandsvoraussetzungen für das Vorliegen von wirtschaftlichem Eigentum bei Übertragungen von Gesellschaftsanteilen durchaus sehr restriktiv ausgelegt. Dies sollte grundsätzlich als positive Entwicklung für die Vertrags- und Beratungspraxis (vorerst) gewertet werden. 




Autoren:


Jakob Eisenreich

Dipl.-Wirtschaftsjurist (univ.)

Wirtschaftsprüfer

Steuerberater

Partner


Zert. Berater für Unternehmenskauf / M&A (IFU)

Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV)


und


Maximilian Saller

B.A. Betriebswirtschaft

Senior Tax Associate