Verrechungspreisgrundsätze in den Vereingten Arabischen Emiraten

Maria Hönig • 22. Juli 2025

Dubai und das Thema Ertragsteuern prägen gegenwärtig die Schlagzeilen deutscher Wirtschafts- und Tageszeitungen. Seit 2021 werden mittels erworbener Datensätze aus Dubai Steuerverkürzungen deutscher Steuerpflichtiger im Zusammenhang mit sog. Dubai-Investments vermehrt durch deutsche Steuerstrafverfolgungsbehörden geprüft. Der Fokus liegt hierbei auf Immobilien-Investments und Betriebsstätten deutscher Influencer mit Wohnsitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten bzw. Dubai. Aus steuerrechtlicher Sicht ist darüber hinaus zu vermelden, dass sich die Vereinigten Arabischen Emirate und Dubai als internationaler Handels- und Finanzmarktplatz global anerkannten Besteuerungsgrundsätzen angleichen.

Modernisierung des Steuersystems in den Vereinigten Arabischen Emiraten


Die verstärkte multinationale Zusammenarbeit im internationalen Steuerbereich hat dazu geführt, dass die nationalen Finanzbehörden weltweit grenzüberschreitende Transaktionen und Investitionen stärker in den Fokus nehmen. Insbesondere in Dubai, einem mittlerweile bedeutenden Wirtschafts- und Investitionszentrum, überprüft der deutsche Fiskus zunehmend sog. Dubai-Investments deutscher Steuerpflichtiger, um vermutete Steuerausfälle zulasten Deutschlands aufzudecken.


Körperschaftsteuer und Steuerreform: Die wichtigsten Änderungen


Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) galten bislang als steuerlich attraktiver Standort für Privatpersonen und Unternehmen. Mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes Nr. 47 von 2022 und der Einführung der Körperschaftsteuer zum 01.06.2023 haben die VAE jedoch eine bedeutende Reform ihres Steuersystems vollzogen. Die Einführung eines Körperschaftsteuersatzes von 9 % sowie die Übernahme OECD-konformer Verrechnungspreisregelungen stellen einen bedeutenden Schritt zur Angleichung an internationale Besteuerungsstandards dar. Ziel ist es, die Steuertransparenz zu erhöhen und internationalen Verpflichtungen gerecht zu werden. Für Unternehmen mit Tätigkeiten oder Niederlassungen in den VAE ergeben sich daraus erhebliche Anpassungs-, Offenlegungs- und Dokumentationspflichten.


Fremdvergleichsgrundsatz und Transaktionsprüfung


Die VAE haben sich nach Art. 34 VAE-KStG verpflichtet, bei Transaktionen zwischen verbundenen Parteien den sog. Fremdvergleichsgrundsatz (Arm´s Length Principle) anzuwenden. Die Anwendung dieses fundamentalen Besteuerungsgrundsatzes bedeutet, dass Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen bzw. in Konzernstrukturen derart (aus-)gestaltet werden müssen, wie sie auch zwischen unabhängigen Dritten unter vergleichbaren Umständen vereinbart würden. Die Federal Tax Authority (FTA) der VAE erkennt alle von der OECD anerkannten Verrechnungspreismethoden an. Besonderes Augenmerk liegt auf dem Interquartilsbereich, also die Bandbreite marktüblicher Preise, die bei Marktanalysen ermittelt wird. Liegt eine Transaktion außerhalb dieses Bereichs, droht eine steuerliche Korrektur. Ähnliches Vorgehen kennt auch das deutsche Außensteuergesetz bzw. Einkommensteuergesetz oder Körperschaftsteuergesetz im Fall einer verdeckten Gewinnausschüttung. Der Fremdvergleichsgrundsatz ist sowohl auf inländische als auch auf grenzüberschreitende Transaktionen mit verbundenen Parteien anzuwenden und kann nach den VAE Transfer Pricing Guide (Verrechnungspreisrichtlinien) in drei Schritten ermittelt werden:


  1. Identifizierung verbundener Parteien oder nahestehender Personen und relevanter Transaktionen zwischen diesen Beteiligten
  2. Auswahl der am besten geeigneten Verrechnungspreismethode (Vergleichspreismethode, Wiederverkaufsmethode, Kostenaufschlagsmethode, Transaktions-Netto-Margen-Methode, Gewinnaufteilungsmethode)
  3. Ermittlung des fremdüblichen Preises


Betroffener Personenkreis


Der Fremdvergleichsgrundsatz gilt insbesondere für „Related Parties“ bzw. „Connected Persons“, also verbundene Unternehmen bzw. Rechtspersonen sowie sich nahestehende Personen:


  • Related Parties sind Unternehmen oder Personen, die mindestens eine Beteiligung von 50 % und mehr, gemeinsame Kontrolle oder Einfluss aufeinander haben. Auch natürliche Personen mit Verwandtschaft bis zum vierten Grad werden einbezogen (Art. 35 VAE-KStG).
  • Connected Persons sind Personen in bedeutenden Funktionen, wie Gesellschafter, Vorstandsmitglieder oder deren Angehörige (Art. 36 VAE-KStG).


Zahlungen an diese oder zwischen diesen Personen, etwa für Managementleistungen oder konzerninterne Finanzierungen, sind nur dann steuerlich abzugsfähig, wenn sie dem Fremdvergleich standhalten. Aktuell vergleichbar sind die kürzlich verschärften Regelungen zu konzerninternen Finanzierungen im Inbound-Fall gemäß § 1 Abs. 3d AStG, welche Konzernfinanzierungen mit fremdunüblichen Konditionen einer Ergebniskorrektur unterzieht.


Erweiterte Dokumentationspflichten


Unternehmen, die Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe sind, unterliegen der Pflicht zur Verrechnungspreisdokumentation in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Unternehmen mit einem Umsatz größer 200 Mio. AED (ca. 47 Mio. EUR) müssen eine Local- sowie Master-File erstellen und vorhalten. Liegt der konsolidierte Gesamtumsatz der Unternehmensgruppe bei mindestens 3,15 Mrd. AED (ca. knappe 750 Mio. EUR), besteht für diese darüber hinaus die Verpflichtung, einen länderbezogenen Bericht (Country-by-Country Report, CbCR) einzureichen. Unabhängig davon gilt gem. Art. 55 VAE-KStG, dass alle VAE-Steuerpflichtigen, die im betreffenden Steuerjahr mit verbundenen Unternehmen oder nahestehenden Personen durchführen, müssen entsprechende Verrechnungspreisinformationen gemeinsam mit ihrer Steuererklärung offenlegen müssen. Selbst wenn keine Pflicht zur Erstellung einer Master oder Local File besteht, kann die FTA bestimmte Angaben zu Transaktionen mit verbundenen Parteien oder Personen anfordern. Die Dokumentation muss spätestens zum Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung vorliegen.


Fazit


Mit der Einführung der Körperschaftsteuer und der umfassenden Verrechnungspreisregelungen haben die Vereinigten Arabischen Emirate einen bedeutenden Schritt hin zu einem transparenten, internationalen Steuersystem gemacht. Für Unternehmen bedeutet das: Steuerliche Strukturen müssen neu bewertet, Verrechnungspreissysteme angepasst und Berichtspflichten ernst genommen werden, um steuerliche Risiken und Sanktionen in Bezug auf Geschäftsbeziehungen in der mit den Vereinigten Arabischen Emiraten zu vermeiden. Für 2025 haben die VAE weitergehend angekündigt, Pillar Two entsprechen zu wollen und zur Erreichung der globalen Mindeststeuer eine sog. Domestic Minimum Top-Up Tax einzuführen.




Autoren:


Jakob Eisenreich

Dipl.-Wirtschaftsjurist (univ.)

Wirtschaftsprüfer

Steuerberater

Partner


Zert. Berater für Unternehmenskauf / M&A (IFU)

Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV)


und


Maria Hönig

Tax Associate