Gewerbesteuer bei Anteilsverkäufen innerhalb mehrstöckiger Personengesellschaftsstrukturen
Der Bundesfinanzhof stellt in seinem Urteil vom 8. Mai 2025 klar, dass Anteilsveräußerungen an Personengesellschaften mit Personentochtergesellschaften im In- und Ausland als einheitlicher Vorgang anzusehen sind und eine Aufteilung der gesamten stillen Reserven innerhalb der veräußerten Gesellschaftsgruppe nicht auf einzelne Gesellschaften nicht zulässig ist. Diese sind in einer Summe auf oberster Ebene der Gewerbesteuer zu unterwerfen; oder eben nicht, wenn natürliche Personen diese Anteile veräußern.
Urteilsfall
Der Bundesfinanzhof hatte am 8. Mai 2025 (Az. IV R 40/22) über eine wichtige Frage im Zusammenhang mit der Veräußerung von Anteilen an einer Personengesellschaft zu entscheiden. Konkret ging es um die Situation, in der innerhalb einer sogenannten mehrstöckigen Personengesellschaftsstruktur – also einer Holdingstruktur mit mehreren Beteiligungsebenen – Anteile an einer oberen Personengesellschaft veräußert werden. Strittig war dabei, ob der Gewinn aus einem solchen Verkauf aufzuteilen ist, nämlich in stille Reserven, die auf Ebene der veräußernden Gesellschaft liegen, und solche, die sich auf Beteiligungen an tieferliegenden Gesellschaften beziehen.
Dem Urteil lag ein Fall aus der Unternehmenspraxis zugrunde: Eine Stiftung brachte Anteile an einer Beteiligungsgesellschaft in eine Holding-Kommanditgesellschaft ein. Diese Holdinggesellschaft hielt ihrerseits Beteiligungen an mehreren operativen Gesellschaften. Das zuständige Finanzgericht sah den dabei entstandenen Einbringungsgewinn – auf Grundlage des Umwandlungssteuergesetzes – in voller Höhe als steuerpflichtig auf Ebene der Holding-Kommanditgesellschaft an. Die Stiftung war der Auffassung, dass zumindest der Teil der stillen Reserven, der auf begünstigte Beteiligungen entfiel, steuerfrei bleiben müsse.
Der Bundesfinanzhof wies die Revision der Stiftung zurück. Er bestätigte, dass der vollständige Einbringungsgewinn auf Ebene der Holdinggesellschaft der Gewerbesteuer unterliegt – unabhängig davon, welche Beteiligungsgesellschaften zu dem Wertzuwachs beigetragen hatten.
Leitsätze des Urteils
- Der Gewinn aus dem Verkauf eines Anteils an einer Personengesellschaft innerhalb einer mehrstöckigen Struktur ist einheitlich der veräußernden Gesellschaft, regelmäßig der obersten Holdinggesellschaft, zuzurechnen. Eine Aufteilung in einzelne Bestandteile – etwa in stille Reserven der darunterliegenden Beteiligungsgesellschaften – erfolgt nicht.
- Auch wenn stille Reserven der unteren Beteiligungsgesellschaften mit veräußert werden, ist der gesamte Gewinn bei der veräußernden Gesellschaft in vollem Umfang als Gewerbeertrag zu erfassen. Eine Kürzung nach dem Gewerbesteuergesetz kommt nicht in Betracht.
- Ist der Veräußerer eine Kapitalgesellschaft bzw. Körperschaft im Sinne des KStG, fällt auf den gesamten Veräußerungsgewinn Gewerbesteuer an, dies umfasst ebenso stille Reserven aus Tochter- oder Enkelgesellschaften im In- und Ausland.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung von Beteiligungsverkäufen innerhalb komplexer Beteiligungsstrukturen. Der Bundesfinanzhof stellt mit bemerkenswerter Klarheit fest, dass bei der Veräußerung eines Anteils durch eine Personengesellschaft der daraus resultierende Gewinn vollständig dieser Gesellschaft zuzurechnen ist – auch wenn der Wertzuwachs teilweise oder überwiegend aus Beteiligungen an anderen Gesellschaften herrührt.
Für die Praxis bedeutet das: Der vollständige Veräußerungsgewinn unterliegt auf Ebene der veräußernden Gesellschaft der Gewerbesteuer, wenn deren Gesellschafter und damit die Veräußerer eine Kapitalgesellschaft bzw. eine Körperschaft darstellen. Steuerliche Begünstigungen, wie sie für bestimmte Beteiligungserträge vorgesehen sind, finden hier keine Anwendung. Unternehmen mit mehrstöckigen Gesellschaftsstrukturen müssen sich somit darauf einstellen, dass es bei Anteilsverkäufen zu einer vollständigen gewerbesteuerlichen Erfassung des Gewinns kommt – ohne Entlastung durch die bisher teils angenommene Aufteilung oder Durchleitung steuerlicher Vergünstigungen. Auch stille Reserven in ausländischen Personentochter- oder Enkelgesellschaften, die regelmäßig über Doppelbesteuerungsabkommen dem ausländischen Staat zuzurechnen sind, werden der deutschen Besteuerungssphäre der Gewerbesteuer zugeordnet.
Fazit
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs unterstreicht die Bedeutung einer frühzeitigen und detaillierten steuerlichen Planung bei der Strukturierung von Unternehmensverkäufen innerhalb von Beteiligungsketten, insbesondere bei Beteiligung von Personengesellschaften. Bei der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen durch Personengesellschaften ist davon auszugehen, dass sich die steuerliche Wirkung ausschließlich auf der Ebene der veräußernden Gesellschaft entfaltet – unabhängig davon, auf welcher Beteiligungsebene sich die stillen Reserven gebildet haben.
Gerade für Holdinggesellschaften oder Strukturgesellschaften kann dies eine erhebliche steuerliche Mehrbelastung bedeuten. Auch Gestaltungen, bei denen stille Reserven auf verschiedenen Ebenen gezielt angesprochen werden sollten, müssen nun unter neuen Vorzeichen betrachtet werden. In jedem Fall sollten die steuerlichen Effekte solcher Transaktionen vorab genau analysiert werden. Den Steuerklauseln im SPA (Share Purchase Agreement) für Anteilsveräußerungen an Personengesellschaften kommen daher - unverändert - große Bedeutung zu.
Autor:
Jakob Eisenreich
Dipl.-Wirtschaftsjurist (univ.)
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
Partner
Zert. Berater für Unternehmenskauf / M&A (IFU)
Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV)