Veräußerungsbesteuerung von Immobilien – aktuelle Rechtsprechung
Zwei aktuelle Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) zeigen, wie komplex die Abgrenzung zwischen der Vermögensverwaltung und dem gewerblichen Grundstückshandel sowie die Besteuerung im Rahmen privater Veräußerungsgeschäfte ist. Zum einen konkretisiert der BFH die Anwendung der sogenannten Drei-Objekt-Grenze bei der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für Immobilienunternehmen. Zum anderen bestätigt der BFH die steuerliche Behandlung von teilentgeltlichen Grundstücksübertragungen, z.B. bei Übernahme von offenen Darlehen durch den Beschenkten, als privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG.
Der vorliegende Beitrag soll daher einen Überblick über die Auswirkungen der Entscheidungen des BFH auf die Veräußerung von Immobilien und die steuerliche Planung bei Immobilientransaktionen geben.
Gewerbesteuer: Erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei erstmaligen Grundstücksveräußerungen im sechsten Jahr
Der BFH hatte mit der Revision des Finanzamtes gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster zu klären, ob die Veräußerung einer größeren Anzahl von vermieteten Grundstücken durch eine GmbH im sechsten Jahr nach deren Erwerb noch der begünstigten Vermögensverwaltung zuzuordnen ist oder bereits einen gewerblichen Grundstückshandel darstellt bzw. begründet (BFH, Beschluss vom 20.03.2025 - Az. III R 14/23).
Die klagende GmbH hatte im Jahr ihrer Gründung 2007 dreizehn Grundstücke überwiegend fremdfinanziert erworben und 2013 nach dem Tod einer der Geschäftsführer veräußert. Fraglich war, ob die Voraussetzungen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG vorlagen oder durch die Veräußerung der Grundstücke im sechsten Jahr nach deren Erwerb ein gewerblicher Grundstückshandel begründet wurde und infolge Gewerbesteuer anfallen würde. Denn grundsätzlich unterliegen sog. Immobilien-GmbHs mit erweiterter Gewerbesteuerkürzung nur der Körperschaftsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt ca. 15,8 %.
Voraussetzung für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt. Überschreitet die Tätigkeit die Grenze vom Bereich der reinen Vermögensverwaltung zur Gewerblichkeit hin, ist die Begünstigung ausgeschlossen. Zur Abgrenzung dient die sog. Drei-Objekt-Grenze: Werden innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs (in der Regel fünf Jahre zwischen Erwerb und Veräußerung) mindestens vier Objekte veräußert, wird widerlegbar von einer bereits beim Erwerb bestehenden, zumindest bedingten Veräußerungsabsicht ausgegangen.
Der BFH entschied, dass aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls ein gewerblicher Grundstückshandel zu verneinen und die erweiterte Gewerbesteuerkürzung zu gewähren ist, wenn innerhalb des Fünf-Jahres Zeitraums weder Grundstücksveräußerungen noch diese vorbereitende Maßnahmen erfolgen und erst im sechsten Jahr eine zweistellige Anzahl von Objekten veräußert wird. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Gewerbesteuerkürzung sind nicht nur nach Maßgabe der Drei-Objekt-Grenze zu beurteilen. Vielmehr ist im Rahmen einer einzelfallbezogenen Gesamtabwägung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen objektiven Umstände und im Wege eines Indizienbeweises zu prüfen, ob die Tätigkeit noch der Vermögensverwaltung zuzurechnen ist oder bereits die Schwelle zur gewerblichen Betätigung überschritten wird (z.B. Werbemaßnahmen, Prospekterstellung u.ä.).
Der BFH betont die Bedeutung einer einzelfallbezogenen Gesamtabwägung statt starrer Grenzwerte. Ein bloßes Über- oder Unterschreiten der Drei-Objekt-Grenze genügt demnach nicht als zwingendes Kriterium für oder gegen das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels. Entscheidend bleibt vielmehr die Prüfung der objektiven Gesamtumstände.
Einkommensteuer: Veräußerungsgewinn bei teilentgeltlicher Grundstücksübertragung
In seinem Urteil vom 11.03.2025 (Az. IX R 17/24) hatte der BFH zu klären, wie die teilentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern im Rahmen des § 23 EStG zu behandeln ist. Von Teilentgeltlichkeit spricht man im Steuerrecht dann, insofern wirtschaftlich für den Erwerb eines Gegenstandes ein Entgelt geleistet wird, das offensichtlich unter dem Verkehrswert des Transaktionsgegenstandes liegt.
Der klagende Vater kaufte im 2014 teilweise fremdfinanziert ein bebautes Grundstück für 143.950,00 EUR, welches vermietet wurde. Im Jahr 2019 übertrug er die vermietete Immobilie auf seine Tochter, die das noch valutierende Darlehen von 115.000,00 EUR übernahm. Der Verkehrswert der Immobilie belief sich infolge merklicher Wertsteigerungen im Zeitpunkt dieser vermeintlichen Schenkung bereits auf 210.000,00 EUR. Das Finanzamt erfasste den Vorgang als teilweise privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, soweit die Übertragung entgeltlich erfolgt ist.
Der BFH entschied, dass ein steuerbares privates Veräußerungsgeschäft vorliegt, wenn ein Grundstück innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung übertragen wird und der neue Eigentümer die auf dem Grundstück lastenden Schulden, vorliegend Bankdarlehen, übernimmt. Die Übernahme von Schulden anlässlich des Erwerbs eines Wirtschaftsguts stellt eine entgeltliche Gegenleistung dar. Es erfolgt eine Aufteilung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil. Maßgeblich für die Entgeltlichkeitsquote ist die Höhe der Valutierung der Verbindlichkeiten zum Übertragungsstichtag.
Fazit
Die Entscheidungen des BFH verdeutlichen, dass eine Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Gewerblichkeit bei Immobilienveräußerungen, wie auch die Bewertung teilentgeltlicher Übertragungen, eine differenzierte Betrachtung der Gesamtumstände erfordern. Daher sollte jede geplante Immobilienveräußerung sorgfältig unter rechtlichen, wirtschaftliche und steuerlichen Gesichtspunkten geprüft werden.
Autorin:
Lena Brandl
Rechtsanwältin
Zert. Berater für Unternehmenskauf / M&A (IFU)
Zert. Datenschutzbeauftragte (DSB-TÜV)