Aktuelle Hürden der steueroptimierten Immobilienvermietung
Die steuerliche Optimierung der Vermietung von im Privatvermögen ober mittelbar über vermögensverwaltende Immobilienpools gehaltene Wohnungsimmobilien birgt sowohl für den Wohnungsbau als auch für erworbene Bestandsimmobilien neue Fallstricke, um schnellere Abschreibungsverläufe nutzen zu können.
Allgemeine Nutzungsdauer von privaten Vermietungsimmobilien
Vermietete Immobilien sind steuerlich der privaten Vermögenssphäre zuzuordnen, wenn diese direkt von Privatpersonen oder mittelbar über vermögensverwaltende Immobilienpools gehalten werden. Als vermögensverwaltende Immobilienpools werden u.a. Gesellschaften bürgerlichen Rechts (eGbR) oder Kommanditgesellschaften bzw. vermögenverwaltende GmbH & Co. KGs verstanden. Insbesondere ist letztere Rechtsform häufig als Immobilien-Holding von Single Family Offices anzutreffen. Einkommensteuerlich betrachtet resultieren aus dieser Form der Vermögensverwaltung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG (Anlage V der deutschen Einkommensteuererklärung).
Die Anschaffungskosten einer vermieteten Wohnungsimmobilie dürfen einschließlich aller Erwerbsnebenkosten (Notar, Makler, Grunderwerbsteuer) im Rahmen der steuerlich Gewinnermittlung in Höhe von jährlich 3 % gewinnmindernd von den Mieteinnahmen abgesetzt werden, wenn die Wohnungsimmobilie beginnend ab 2023 fertiggestellt wurde (bis Ende 2022 fertiggestellte Wohnungsimmobilien sind wie bisher mit 2 % jährlich linear abzuschreiben). Im Umkehrschluss ergibt sich hieraus für private Wohnungsimmobilien eine typisierte Nutzungsdauer von 33 Jahren für steuerliche Zwecke im Sinne von § 7 Abs. 4 Nr. 2 a) EStG.
Möglichkeiten zur steuerlichen Verkürzung der Nutzungsdauern
Sowohl im Bereich der Wohnungsneubauten als auch im Fall erworbener Bestandsimmobilien besteht einkommensteuerlich die Möglichkeit, jährlich eine Abschreibungsquote größer der linearen 3 % gewinnmindern zu erreichen.
Sonderabschreibungen für Wohnungsneubauten
Im Bereich des Wohnungsneubaus können sog. Sonderabschreibungen für neu geschaffene Mietwohnungen in Höhe von jeweils 5 % p.a. auf Dauer von vier Kalenderjahren in Anspruch genommen werden. Folgende Voraussetzungen müssen hierfür erfüllt werden:
- Schaffung neuer Mietwohnfläche
- Bauantrag ab dem 01.01.2023 (Achtung bei erneuerten Bauanträgen)
- Langfristige Vermietung (mindestens 1 Jahr oder unbefristet)
- Kostenobergrenze von 5.200 Euro je QM der neuen Mietwohnfläche
- Nachhaltigkeitsstandard der Klasse Effizienzhaus 40 NH (für erhöhte Bemessungsgrundlage)
Sind diese Kriterien erfüllt, können vier Jahre in Folge jeweils 5 % auf die adjustierte Bemessungsgrundlage (abweichend von den tatsächlichen Anschaffungskosten) von 4.000 Euro je QM entsprechend der Mietwohnfläche zusätzlich zur linearen Abschreibung von 3 % steuerlich abgesetzt werden. Liegt kein Effizienzhaus 40 NH vor, bemisst sich die Sonderabschreibung lediglich auf einer adjustierten Bemessungsgrundlage von 2.000 Euro und büßt somit erheblich an ihrer steuerlichen Wirkung ein (ausführliche Informationen hierzu enthält das neue Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 21.05.2025 mit Az. IV C 3 - S 2197/00009/011/024, veröffentlich im BStBl. 2025 I, S. 1419 ff.).
Insbesondere die erste Voraussetzung der Schaffung neuen Wohnraums erhält durch das erstinstanzliche Urteil des Finanzgerichtes Köln (Urteil des FG Köln v. 12.9.2024 mit Az. 1 K 2206/21) aktuelle Brisanz, da das Gericht hierin klarstellte, dass die Sonderabschreibung ausschließlich auf neuen und zusätzlichen, also vorher nicht vorhandenen Wohnraum anzuwenden ist. Ersatzneubauten sollen nicht hierunter fallen, auch wenn es sich technisch und energetisch um eine völlig neue Wohnimmobilie handelt. Der Abriss von alten Wohnungsimmobilien, auch wenn diese nicht mehr bewohnbar waren, und die Errichtung neuer Wohnungsimmobilien im gleichen Umfang erfüllen damit nicht die notwendigen Eigenschaft als Wohnungsneubau.
Verkürzte Nutzungsdauern bei Bestandsimmobilien durch Gutachten
Erwirbt man eine gebrauchte Bestandsimmobilie und vermietet diese zu Wohnzwecken, ist zwangsweise der lineare Nutzungsdauer von 33 Jahren bzw. die Abschreibungsquote von 3 % im Rahmen der Vermietungseinkünfte zu erfassen. Dies gilt unabhängig davon, wie alt und in welchem Zustand die Immobilie im Erwerbszeitpunkt ist. Substanzabnutzungen werden demnach steuerlich typisiert nicht berücksichtigt.
Das deutsche Einkommensteuergesetz eröffnet jedoch eine in der Praxis zu selten genutzte Ausnahmeregelung, nach welcher Erwerber von Bestandsimmobilien eine wesentlich kürzere Nutzungsdauer als die amtlichen 33 Jahren anwenden können. Nach § 7 Abs. 4 S. 2 EStG kann im Rahmen der privaten Vermietung von Wohnungsimmobilien eine kürzere Nutzungsdauer als die amtlich typisierte Nutzungsdauer steuerlich erfasst werden, wenn durch ein Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken aufgrund des Immobilienzustands eine kürzere verbleibende Nutzungsdauer als sachgerecht dargelegt und angemessen eingestuft wird. Das Gutachten muss gemäß § 11c Abs. 1 a EStDV-Entwurf unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten der Immobilie Aufschluss über die maßgeblichen technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Determinanten geben, welche die Nutzungsdauer im Einzelfall beeinflussen. Neu in diesem Zusammenhang wird zukünftig der verpflichtende Augenschein des Gutachters vor Ort sein, ohne diesen ein Gutachten nicht mehr durch die Finanzverwaltung anerkannt wird. Die Inaugenscheinnahme sollte daher im Gutachten ausführlich dokumentiert sein.
Praxistipp
Immobilieninvestoren sollten Wohnungsimmobilien mit angepriesenen Sonderabschreibungen kritisch auf die tatsächliche Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Sonderabschreiben für Wohnungsneubau unter Hinzuziehung eines Steuerberaters würdigen und im besten Fall die Anwendbarkeit der Sonderabschreibungen seitens der verkaufenden Bauunternehmen im Rahmen einer vertraglichen Garantie zusichern lassen. Auf diesem Weg können Immobilieninvestoren und Family Offices im schlimmsten Fall entfallene Steuervorteile als Schadensersatz bei ihren Vertragspartnern geltend machen. Mit Blick auf eine kürzere Nutzungsdauer von Bestandsimmobilien sollten anerkannte Gutachter zwingend mit einem Vororttermin vor Gutachtenerstellung beauftragt werden, um die steuerliche Anerkennung von Wert- und Substanzgutachten zu gewährleisten.
Autor:
Jakob Eisenreich
Dipl.-Wirtschaftsjurist (univ.)
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
Partner
Zert. Berater für Unternehmenskauf / M&A (IFU)
Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV)