Steuerliche Angemessenheit der Vorstandsvergütung einer Familien-AG

Maria Hönig • 12. Mai 2025

Vermögende Familien poolen häufig aus verschiedensten Gründen ihr Vermögen oder Teile davon in kapitalistisch-geprägten Familiengesellschaften, unter anderem in einer Familien-AG. Der BFH hat sich nunmehr mit der steuerlichen Angemessenheit der Vorstandsvergütungen befasst.


Vorstandsvergütung in der Familien-AG: Abgrenzung zur verdeckten Gewinnausschüttung


Bei Familiengesellschaft in der Rechtsform einer AG (Aktiengesellschaft i.S.d. AktG) spielt die Vergütung des Vorstands eine zentrale Rolle. Sie beeinflusst nicht nur die Motivation und Bindung der Führungskräfte, sondern hat auch steuerliche und rechtliche Auswirkungen. Der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 24.10.2024 – I R 36/22) hat hierzu kürzlich die steuerlichen Rahmenbedingungen präzisiert und dabei klargestellt: Die Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung (vGA), wie sie für Gesellschafter-Geschäftsführer von GmbHs gelten, lassen sich nicht pauschal auf Vorstände einer AG übertragen.


Verdeckte Gewinnausschüttung – Begriff und steuerliche Relevanz


Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist im Fall einer Vermögensminderung oder einer verhinderten Vermögensmehrung gegeben, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gem. § 4 Abs. 1 S. 1 EstG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG, also den steuerpflichtigen Gewinn, auswirkt und nicht auf einem ordentlichen Gewinnverteilungsbeschluss beruht. Im letzteren Fall wäre jedoch ohnehin durch die nachgelagerte Ergebnisverwendung kein Einfluss auf die Gewinnermittlung zu erwarten. Hiervon ist auszugehen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiters einem gesellschaftsfremden Dritten nicht gewährt hätte.


Eine verdeckte Gewinnausschüttung darf das Einkommen nicht mindern und ist außerbilanziell dem steuerpflichtigen Gewinn hinzuzurechnen. Dies stellt insbesondere bei Betriebsprüfungen ein häufig auftretendes Risiko dar, da unangemessen hohe Vergütungen von Betriebsprüfern als vGA eingestuft werden können, einen Orientierungsrahmen geben hierfür Gehaltsstudien oder Lohnsteueranrufungsauskünfte.


Vorsicht bei Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH


Bei GmbHs stehen vor allem Gesellschafter-Geschäftsführer mit Mehrheitsbeteiligungen im prüferischen Fokus. Hier gelten strenge Maßstäbe für die steuerliche Anerkennung der Vergütung. Diese muss:

  • fremdüblich (also marktkonform),
  • im Voraus klar vereinbart und
  • der Höhe nach angemessen sein.


Die Angemessenheit ist anhand des Fremdvergleichs zu beurteilen. Nicht marktübliche Vergütungsbestandteile – wie z.B. Überstundenvergütungen oder rückwirkend vereinbarte Boni – werden regelmäßig als vGA eingestuft. Bei beherrschenden Gesellschaftern ist besondere Sorgfalt geboten: Die Vergütungsvereinbarung muss eindeutig und schriftlich vor Leistungsbeginn festgelegt bzw. vereinbart sein, ein rückwirkender Vertragsabschluss ist steuerlich - wie grundsätzlich in nahezu allen Steuerbereichen - unwirksam.


Anwendung auf Vorstandsmitglieder einer AG


Auch im Fall einer AG müssen Vorstandsvergütungen marktüblich, transparent und der Höhe nach angemessen sein. Überhöhte Zahlungen oder unübliche Vorteile können auch hier als vGA eingestuft werden. Der entscheidende Unterschied: In der AG obliegt die Festlegung und Kontrolle der Angemessenheit der Vorstandsvergütung gesellschaftsrechtlich dem Aufsichtsrat. Der BFH hat nun klargestellt, dass die Maßstäbe, die für GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer gelten, nicht uneingeschränkt auf AG-Vorstandsmitglieder übertragbar sind. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Aufsichtsrat seine Kontrollfunktion unabhängig ausübt und sich nicht einseitig an den Interessen des Vorstandsmitgliedes orientiert.


Ein Fremdvergleich kann dann bejaht werden, wenn:

  • der Aufsichtsrat unabhängig zusammengesetzt ist,
  • keine persönliche Nähe zum Vorstandsmitglied besteht und
  • keine besonderen Umstände auf einen Interessenskollision hindeuten.


Fazit: Rechtssicherheit für Familien-AGs


Auch für Vorstandsmitglieder einer Familien-AG gilt: Unangemessene oder nicht marktübliche Vergütungen bergen das Risiko einer steuerlich nachteiligen Einstufung als vGA.


Entscheidend ist die gesellschaftsrechtliche Struktur: Bei AGs wird die Kontrolle durch den unabhängigen Aufsichtsrat ausgeübt, der die Angemessenheit der Vergütung prüft. Solange der Aufsichtsrat unabhängig ist, also beispielsweise nicht ausschließlich durch Familienmitglieder des Vorstandsvorsitzenden bestehen, und die Vergütungen im Rahmen der üblichen Marktpraxis liegen, sind Tantiemen und andere Vergütungen grundsätzlich fremdüblich und keine vGA. Das Urteil schafft mehr Rechtssicherheit für Familien-AGs, da es die Bedeutung eines funktionierenden, unabhängigen Aufsichtsrats betont und zeigt, dass eine sorgfältige Vertragsgestaltung und Dokumentation die steuerliche Bewertung positiv beeinflussen können. Demnach sollten in der Vertragspraxis auch Vorstandsvergütungen der Höhe nach vereinbart werden können, welche am oberen Rand vergleichbarer Vergütungsrahmen liegen, sofern der unabhängige Aufsichtsrat deren Höhe zuvor als angemessen eingeordnet hat. 




Autoren:


Jakob Eisenreich

Dipl.-Wirtschaftsjurist (univ.)

Wirtschaftsprüfer

Steuerberater

Partner


Maria Hönig

Steuerassistentin

Steuerfachangestellte