Arbeitsrecht und Optionsrechte bei Eigenkündigung
Unwirksamkeit von Verfallklauseln für gevestete virtuelle Optionsrechte bei Eigenkündigung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 19.03.2025 (Az. 10 AZR 67/24) entschieden, dass eine Regelung in einem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm unwirksam ist, die einen Verfall von gevesteten virtuellen Optionsrechten bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers vorsieht. Das BAG sieht in der Verfallsklausel, entgegen der Vorinstanzen, eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers, die gemäß § 307 Abs. 1 BGB zur Unwirksamkeit der Klausel führt, da die gevesteten Optionen eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung darstellen und damit Teil der Vergütung des Arbeitnehmers gemäß § 611a Abs. 2 BGB sind. Der vorliegende Beitrag soll daher einen Überblick über die Auswirkungen der Entscheidung des BAG auf Mitarbeiterbeteiligungsprogramme geben.
Besteuerung von Aktienoptionen
Mitarbeiter-Aktienoptionen werden, da sie Gegenleistungen für das zur Verfügung Stellen der Arbeitsleistung der Arbeitnehmer darstellen, im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit besteuert. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um virtuelle Optionsrechte handelt, bei denen der Mitarbeiter keine tatsächlichen Unternehmensanteile erhält, oder tatsächlich Anteile am Unternehmen an die Mitarbeiter ausgegeben werden. Die Einkünfte werden also mit dem persönlichen Steuersatz belegt. Aufgrund der in diesem Fall oftmals sehr hohen einmaligen Vergütungen für den Steuerpflichtigen, wird bei einem Erdienungszeitraum der Optionen von über 12 Monaten die ermäßigte Besteuerung im Rahmen der Fünftelregelung des § 34 EStG eröffnet, der eine Verteilung über fünf Besteuerungszeiträume fingiert. Ungeachtet der Verteilungsfiktion wird der gesamte Veräußerungsgewinn aber in einem Veranlagungszeitraum besteuert.
Bisherige Rechtsprechung des BAG
Das BAG ändert insoweit seine bisherige Rechtsprechung vom 28.05.2008 (Az. 10 AZR 351/07) zum Verfall von Aktienoptionen. Bisher wurden Verfallklauseln in Aktienoptionsplänen vom BAG noch als zulässig erachtet, da die Klausel dem Arbeitnehmer keine bereits erdiente Vergütung entziehe, sondern nur eine Verdienstchance mit spekulativem Charakter darstellt. Der Arbeitnehmer sei daher weniger schutzwürdig, da er nicht auf die Werthaltigkeit der Optionen vertrauen kann.
Rechtsprechungsänderung: Gevestete Optionen als Teil der Vergütung
An dieser bisherigen Rechtsprechung hält das BAG nun ausdrücklich nicht mehr fest. Das BAG hat im aktuellen Urteil entschieden, dass die Regelungen eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms als Allgemeine Geschäftsbedingungen der Inhaltskontrolle standhalten müssen. Der sofortige Verfall der gevesteten Optionen erschwert die Kündigung des Arbeitnehmers unverhältnismäßig und benachteiligt daher den Arbeitnehmer unangemessen. Eine entsprechende Verfallklausel widerspreche auch § 611a Abs. 2 BGB, der den Arbeitgeber zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
Fazit
Das Urteil hat für die Praxis erhebliche Bedeutung, da eine Vielzahl von Aktienoptionsplänen Verfallklauseln enthalten. Unternehmen sollten daher spätestens dann, wenn die Entscheidungsgründe des aktuellen Urteils des BAG vorliegen, ihre VSOP-Regelungen prüfen und bei Bedarf ändern und an die neue Rechtslage anpassen. Im Hinblick auf ausgeschiedene Arbeitnehmer sollten Unternehmen prüfen, ob die Arbeitsverträge Ausschlussfristen enthalten, die die Geltendmachung von Ansprüchen ausgeschiedener Arbeitnehmer ausschließen.
Autoren:
Lena Brandl
Rechtsanwältin
Zert. Berater für M&A (IFU)
und
Max Saller
Tax Associate