Neuerungen für umwandlungsrechtliche Abspaltungen: Auswirkungen des aktuellen BMF-Schreibens auf Organschaften und Zwischenveräußerungen
Seit dem 2. Januar 2025 gelten neue Vorgaben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zur Anwendung des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG). Mit dem BMF-Schreiben vom 1. August 2025 wurden die Regelungen zur sogenannten Nachspaltungsveräußerungssperre präzisiert, um Umgehungsgestaltungen im Zusammenhang mit steuerschädlichen Anteilsveräußerungen zu verhindern. Die Anpassungen betreffen insbesondere die Behandlung mittelbarer Veräußerungen über verbundene Unternehmen sowie die Rückwirkung bei der Begründung von Organschaften.
Steuerschädliche Anteilsveräußerungen
Nach § 15 Abs. 2 UmwStG führt die unmittelbare oder mittelbare Veräußerung von Anteilen an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft (also am übertragenden oder übernehmenden Rechtsträger) unter bestimmten Voraussetzungen zu einer sogenannten steuerschädlichen Anteilsveräußerung. Steuerlich relevant sind dabei ausschließlich Veräußerungen an außenstehende Dritte – also an Personen oder Gesellschaften, die nicht zum Konzern oder Unternehmensverbund gehören. Veräußerungen innerhalb eines Konzerns sind grundsätzlich unschädlich, wenn sie im Rahmen der sog. Konzernausnahme erfolgen (§ 15 Abs. 2 Satz 7 UmwStG).
In der Regel gilt eine Veräußerung dann als schädlich, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag mehr als 20 % der Anteile an außenstehende Personen veräußert werden (§ 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG). Allerdings greift die Sperrwirkung auch dann, wenn bereits zum Zeitpunkt der Spaltung eine Veräußerungsabsicht an außenstehende Personen bestand (§ 15 Abs. 2 Satz 2 UmwStG) – unabhängig vom Umfang der späteren Veräußerung.
Was ändert sich durch das BMF-Schreiben?
Das BMF-Schreiben stellt klar, dass auch mittelbare Veräußerungen – also Veräußerungen über zwischengeschaltete verbundene Unternehmen – als schädlich gelten können. Dies gilt insbesondere, wenn zuvor eine zunächst steuerneutrale Übertragung im Konzern stattgefunden hat.
Beispielhafte Fallkonstellation (aus dem BMF-Schreiben):
Eine GmbH spaltet einen Teilbetrieb steuerneutral auf eine Schwestergesellschaft ab (25 % Anteil am Wert). Die Beteiligung an dieser Gesellschaft wird zunächst innerhalb des Konzerns weitergereicht. Anschließend erfolgt eine Veräußerung:
- durch die Konzernmutter auf Ebene der Zwischengesellschaft
- direkt durch die Zwischengesellschaft selbst oder
- indirekt über eine weitere Beteiligungsgesellschaft
In allen drei Fällen liegt – trotz zunächst konzerninterner Vorgänge – eine steuerschädliche Anteilsveräußerung vor, da die Übertragung mittelbar zu einem außenstehenden Erwerber führt. Die Vorschrift stellt also auf den wirtschaftlichen Erfolg der Veräußerung ab, nicht auf deren formale Zwischenschritte. Auch wenn zunächst nur 15 % des Anteilswerts übertragen wurden, ist die Veräußerung schädlich, wenn bereits bei der Spaltung eine Veräußerungsabsicht bestand.
Rückwirkung bei Organschaften
Diese Sichtweise haben die obersten Finanzbehörden 2024 noch einmal bekräftigt und in gleich lautenden Erlassen veröffentlicht (BStBl I 2024, S.383 ff, Rz. 30 – 33). Sie erkennen zwar den grundsätzlichen Vorrang der Erwerbsbesteuerung des § 1 Abs. 2a und 2b GrEStG an, es soll aber nur bei einer Gleichzeitigkeit zwischen Signing und Closing nicht zu einer Festsetzung nach § 1 Abs. 3 GrEStG kommen, beim Auseinanderfallen der beiden Zeitpunkte ist nachträgliche Nichtbesteuerung beim Signing von den strengen Form- und Fristvorschriften abhängig, die oben beschrieben wurden.
Noch nicht grundsätzlich gekippt, aber zumindest rechtlich angezweifelt wurde diese Sichtweise nun in einem Beschluss des BFH, der in einem solchen Fall, in dem eine der Anzeigen nicht fristgerecht eingegangen war, wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Regelung nun sog. Aussetzung der Vollziehung (sog. „AdV“) gewährt hat (BFH, Beschluss vom 09.07.2025 – II B 13/25). In diesem Fall kann muss die angezweifelte und im Rechtsbehelf angefochtene Steuerschuld noch nicht durch den Steuerpflichtigen gezahlt werden.
Insbesondere wurde vom BFH die von der Finanzverwaltung vertretene materielle Rangfolge zwischen den Ergänzungstatbeständen in Bezug auf einen bestimmten Stichtag so nicht geteilt. Eine zeitliche Beschränkung der Anwendung des Einleitungssatzes des § 1 Abs. 3 GrEStG sieht der BFH so nicht, auch nicht nach der Einfügung der §§ 16 Abs. 4a und Abs. 5 GrEStG im Zuge des JStG 2022.
Fazit
Die neuen Hinweise im BMF-Schreiben unterstreichen, dass bei geplanten Umstrukturierungen die spätere Veräußerung von Anteilen – auch mittelbar – äußerst sorgfältig geprüft werden muss. Die steuerliche Unschädlichkeit innerhalb des Konzerns schützt nicht davor, dass eine spätere konzernexterne Veräußerung rückwirkend als schädlich eingestuft wird. Das gilt insbesondere bei mehrstufigen Konzernstrukturen mit potenziellen Außenverkäufen.
Autor:
Maria Hönig
Steuerfachangestellte
Tax Associate